Dienstag, 26. August 2014

Das kollektive Versagen der Schweizer Medien

Es ist einfach nur peinlich. Oder eigentlich viel mehr ein absoluter Skandal!
Ja, ich spreche vom "#Gerigate", der momentan den eidgenössischen Blätterwald zum Rascheln bringt.

Der Skandal ist aber nicht die Sexbildli-Affäre. Das ist Geri Müllers (1) Privatsache und geht einzig ihn, seine Chatpartnerin und seine Partnerin etwas an! Niemanden sonst!
Dass Politiker auch mit dem Diplomatenpass reisen, wenn sie nicht in diplomatischer Mission unterwegs sind ist störend, hat aber eigentlich nichts mit Geri Müller zu tun sondern ganz allgemein damit, wie in der Schweiz der Umgang mit Diplomatenpässen gehandhabt wird.

Dass wohl jeder Politiker seine Gegner hat und gerade einer wie Geri Müller, der jede Gelegenheit nutzt, sich in den Medien zu profilieren und dabei stark polarisierende Äusserungen von sich gibt, dass so einer sich so auch Feinde schafft, ist nichts Neues und den Medien längst bekannt.

Zusammenfassend kann man sagen: Es gibt nichts Neues über Geri Müller zu berichten! Trotzdem hat es die Schweiz am Sonntag am 16. August getan. Der Chefredaktor selbst versuchte offenbar die "Story" noch zu toppen und stellte noch den Vorwurf des Amtsmissbrauchs in den Raum (ein Vorwurf, der anschliessend in sich zusammen fiel, aber das spielt im kurzlebigen Medienbusiness offensichtlich keine Rolle).

Nach dem Startschuss durch die Schweiz am Sonntag zogen die anderen Medien nach. Man hätte schon lange davon gewusst, aber nicht darüber berichtet.
Wieso kommuniziert man das überhaupt? Wen interessiert das? Und wieso berichtet man denn jetzt doch noch? Peinlich!

Aber statt die Hexenjagd ab zu brechen und zu zu geben, dass man versucht hat, aus nichts eine Reportage zu machen, jagen die Medien weiter. Kein Tag vergeht ohne irgend eine neue "Story" . Die dann doch keine ist.


Und zwischen all den (zum Teil widersprüchlichen) Meldungen und Vorwürfen steht

  • ..der Leser, der schon lange nicht mehr weiss, was er glauben soll und zur Überzeugung kommt, dass sowieso alle nur lügen, allen voran die Medien..
  • ..Geri Müller, der auch nur ein Mensch ist und mit Bestimmtheit unter der Sache enorm leidet.
  • ...die Chat-Partnerin,deren Rolle schleierhaft bleibt, aber bei der der immer wieder hoch gehaltene "Quellenschutz" der Journalisten mit Füssen getreten wird
  • ...die Lebensgefährtin von Geri, die mit der Sache nichts zu tun hat und trotzdem mit drin steckt!


Und was machen die Medien? Sie haben gemerkt, dass die Kiste nichts her gibt und nur Verlierer produziert. Aber von Selbstkritik keine Spur! Nein! Da müsste man ja zugeben, Fehler gemacht zu haben!
Stattdessen sucht man nach Schuldigen. Am Besten eine Verschwörungsgeschichte, am Liebsten eine in der Juden vorkommen, das kommt bei einer Chose um Geri immer gut an!

Und so erfindet Michèle Binswanger flugs eine Geschichte von "Spin Doctors". Diese Geschichte wird dann kurz darauf unter derselben Adresse auf der TA-Website durch eine etwas weniger schwachsinnige Story ersetzt -man hat wohl selbst gemerkt, dass die Geschichte nicht haltbar war, aber statt etwas zu zu geben, vertuscht man das lieber... sehr vertrauensfördernd, so etwas. 

Aber damit scheint sich für die Journalisten ein Lichtstreifen am Horizont zu zeigen. Man hat Schuldige!
Plötzlich stehen also die politischen Gegner Geri Müllers im Rampenlicht und Geri Müller ist nur noch das arme Opfer einer bösen Intrige!

Moment mal! Wer hat denn diese Intrige erst möglich gemacht?
Die Medien, die sich immer ob ihrer Unabhängigkeit rühmen, suchen nun verzweifelt Schuldige für Artikel, die sie selbst publiziert haben! 
Die Medien, die sonst immer darauf bedacht sind, die Informationsgeber im Hintergrund zu halten (man will ja schliesslich nächstes Mal auch wieder über ein "Vorkommnis" berichten) zerren nun plötzlich ein paar Leute ins Rampenlicht, die Schuld am ganzen Schlamassel sein sollen!
Was denn jetzt? Wurden die Zeitungen denn gezwungen, den Mist zu schreiben? Nein! Das haben die Medien selbst verbockt! Aber Hauptsache, man muss nicht zugeben, dass man Mist gebaut hat.

#Gerigate ist inzwischen ein #Mediengate geworden. Aus einer privaten Angelegenheit wurde eine Medienschlammschlacht, bei der mittlerweile alle wahllos mit Dreck um sich schmeissen und jeder jeden beschmutzt. NUR deshalb ist aus dem unbedeutenden Nacktselfie- #Gerigate eine bedeutende Geschichte geworden.

Und wiedermal bestätigt sich, dass unsere ach so tollen Journalisten zwar Mist bauen, wie andere auch. Dass sie damit Karrieren und Beziehungen zerstören. Aber Schuld sind immer nur andere. Die Fähigkeit zur Selbstkritik geht unseren Medien komplett ab! Und das ist erschreckend.

Deshalb fordere ich den Rücktritt aller beteiligten Journalisten und Chefredaktoren. Sie haben versagt! Auf ganzer Linie. Nicht nur journalistisch sondern auch menschlich. Menschen, die absolut unfähig zur Selbstkritik sind, haben in diesen mächtigen Positionen nichts verloren! Die beteiligten Zeitungen haben ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. 





(1) Offenlegung: Ich mag Geri Müller nicht. Überhaupt nicht. Anfangs war ich deshalb ob dieser Affäre selbst schadenfreudig. Inzwischen hab ich nur noch Mitleid, was aber an meiner Abneigung nichts ändert!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen