Von der Titelseite der heutigen Sonntagszeitung . Diese verweist auf einen rührenden Artikel zu einer Problematik, die in Tierheimen im Moment besonders akut zu sein scheint.
Schon der Titel ist eindrücklich. Unschuldige Hunde sollen getötet werden. Dieser Schlagzeile wird mit dem Bild eines treuherzig dreinblickenden Appenzeller-Welpen noch zusätzliches Gewicht verliehen. "Jööö, wieso sollte jemand so einen lieben süssen Hund töten wollen?"
Alles Zitate stammen aus dem Originalartikel von Rinaldo Tibolla in der Sonntagszeitung vom17.10.2010
Die Einleitung auf der 1. Seite liest sich dramatsich:
"Zürich Neben aggressiven Kampfhunden müssen Dutzende unauffälliger Hunde sterben. Ein Fall zeigt, dass sogar Welpen nicht verschont werden, da Tierheime keine 'Listenhunde' von anderen Kantonen mehr aufnehmen. Probleme schafft der Flickenteppich verschiedener kantonaler Gesetze."Listenhunde sind Hunde von Rassen, die auf sogenannten "Rassenlisten" aufgeführt sind. Da keine bundesweite Gesetzgebung existiert, haben viele Kantone in Eigenregie Gesetze aufgestellt, in denen die Haltung von Hunden gewisser, als gefährlich eingestufter Rassen, verboten oder aber an strenge Auflagen gebunden ist. Dies als Reaktion auf eine ganze Reihe von Angriffen durch Hunde auf unbeteiligte Personen in denen Menschen schwer verletzt oder gar getötet wurden (Rinaldo Tibolla geht offenbar davon aus, dass die Leserschaft diese Fakten schon kennt, denn erklärt wird das im Artikel nicht).
"In der Schweiz werden nicht nur aggressive Kampfhunde getötet. Unter der Spritze sterben auch unschuldige Hunde in Tierheimen, teilweise kaum 7 Wochen alte Welpen, nur weil sie nicht vermittelbar oder in anderen Kantonen platzierbar sind."Was sind "aggressive Kampfhunde"? Kampfhunde als solche sollte es in der Schweiz ja sowieso nicht geben, da Hundekämpfe ja verboten sind. Also sind wahrscheinlich die Hunderassen gemeint, die in einigen Fällen bevorzugt für Hundekämpfe eingesetzt werden. Ob nun aber mit "aggressive Kampfhunde" Hunde gemeint sind, die Kampfhunde sind UND aggressiv, oder aber angenommen wird, dass jeder sogenannte Kampfhund aggressiv ist, bleibt der Interpretation des Lesers oder der Leserin überlassen.
"«Vergangene Woche wollte das Veterinäramt Zürich einen sieben Wochen alten Pitbull bei uns platzieren. Es hiess, er werde eingeschläfert, wenn wir ihn nicht nehmen. Wir hatten aber keinen Platz», sagt Manuela Dolder vom Hundehaus des Tierheims Oberbottigen BE."Ah, daher kommt also die Information mit den 7 Wochen. Ob dieser Hund dann wirklich eingeschläfert wurde, geht aus den Aussagen nicht hervor. Oder ist ein anderer Fall gemeint? Denn dieser Hund war ja 7 Wochen alt und nicht "kaum 7 Wochen". Das mag jetzt zwar etwas kleinlich klingen, aber von einem Journalisten darf man wohl einiges an Sorgfalt erwarten.
"Das Tierheim nimmt keine Rassenlistenhunde mehr auf, solange sie nicht vermittelt sind. Andere Tierheime im Aargau, in St. Gallen und Luzern verfahren gleich. Eine Umfrage des Schweizer Tierschutzes (STS) zeigte, dass 23 Tierschutzvereine keine «Listenhunde» mehr aufnehmen."Leider geht aus dem Artikel nicht hervor, was denn 23 Tierschutzvereine ausmachen. Also, mal nach der Info des STS suchen. Eine Medienmitteilung des STS erwähnt, dass 57 Tierschutzvereine im 2009 über 24000 Tiere aufgenommen hätten. Insgesamt gibt es in der Schweiz 69 Sektionen. Das bedeutet, dass zwischen 1/3 und der Hälfte der Vereine keine auf den Listen aufgeführte Tiere mehr aufnehmen. Vielen Dank für die Info!
"Das Veterinäramt des Kantons Zürich bestätigt gegenüber der SonntagsZeitung, dass es zu solchen Tötungen kommt, man nennt das beschönigend «Euthanasierung»"Was ist an "Euthanasierung" beschönigend? Es ist einfach der Fachausdruck! Der Autor hat ja selbst im Artikel den Ausdruck "Einschläfern" verwendet, welcher mindestens ebenso verharmlosend ist. Aber irgendwie muss man ja dem Veterinäramt noch unterstellen, etwas verschleiern zu wollen, oder?
Wenigstesn lässt er die Kantonstierärztin doch noch zu Wort kommen:
«Wir versuchen die Listenhunde in sehr vielen Kantonen zu platzieren. Wenn wir es nicht schaffen, dann sagen wir uns: Es ist besser, wir euthanasieren ihn, als dass er Jahre im Tierheim bleibt», sagt die Zürcher Kantonstierärztin Regula Vogel.Dagegen gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Es hat also einfach zu viele Tiere, die in den Tierheimen landen. Statt also die Tierheime zu verurteilen, weil sie aus Platzmangel Tiere töten müssen, müsste man nach den Gründen für die Überfüllung der Tierheime fragen! Aber auf diese Frage geht der Artikel leider mit keinem Wort ein. Da gibt die Medienmitteilung des STS schon deutlich mehr Informationen. Zwar ohne herzige Bildli und nicht wahnsinnig übersichtlich aber viel fundierter!
Fazit: Der Artikel selbst kann mit der reisserischen Überschrift in keiner Weise mithalten. Richtig traurig wird es aber, wenn man als Leser erst noch lange nach anderen Quellen suchen muss, um die achtlos hingeworfenen Zahlen in einen Bezug zu setzen. Dass das Bild keinerlei Bezug zum Artikel hat, ist da wohl nur noch Nebensache.
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