Wobei die Überschrift ja bereits etwas gekürzt worden ist wie man unschwer an der URL ("Die Sektenbrüder und Betschwestern wurden weggefegt") erkennen kann.
Wow, da lehnt sich jemand weit aus dem Fenster!
Ach so, die Überschrift steht ja in Anführungszeichen. Da hat Autor Simon Eppenberger also jemandem eine tolle Platform gegeben um seine Meinung kund zu tun!
"Nach dem überdeutlichen Nein zu den Sterbehilfe-Vorlagen hoffen Dignitas-Geschäftsführer Ludwig A. Minelli wie auch EDU-Kantonsrat Hans Peter Häring auf deutliche Signale aus Bundesbern."Wessen Aussage da so schön präsentiert wird, wird auch in der Einführung nicht erwähnt. Wer die Beteiligten kennt, hat aber bestimmt schon eine Ahnung aus welcher Ecke es so tönen könnte.
"Er (Minelli, Anm. d. Bloggers) ist der Meinung, die «Sektenbrüder und Betschwestern» sollten dem Stimmvolk ebenfalls danken, dass sie sich so klar zum Thema Sterbehilfe äusserten. «Nun müssen sie nicht weiter die Regierung mit Anfragen und Initiativen eindecken. Schliesslich hat Regierungsrat Markus Notter bereits 2007 gesagt, die Sterbehilfeorganisationen würden gut arbeiten», sagte Minelli."Also stammt die Aussage im Titel von Herrn Minelli. Herr Eppenberger macht sich nicht mal die Mühe, diese Aussage zu kommentieren. Auch die in Anbetracht der Geschichte von Dignitas doch eher gewagte Aussage "Schliesslich hat Regierungsrat Markus Notter bereits 2007 gesagt, die Sterbehilfeorganisationen würden gut arbeiten", bleibt unkommentiert. Dass die diversen Artikel zur damaligen Debatte (z.B. in 20min und der NZZ) nur Exit erwähnen und Markus Notters Aussage, "Die gegenwärtigen Sterbehilfeorganisationen leisteten gute Arbeit; es bestehe aber auch Missbrauchspotenzial", nicht ganz vollständig wiedergegeben wurde, ist leider unerwähnt geblieben.
Auch die Tatsache, dass 2009 die Zürcher Regierung einen Standesvertrag über die Sterbehilfe abschloss, bei diesem aber wieder um nur Exit, nicht aber Minellis umstrittene Dignitas beteiligt war, bleibt unerwähnt.
Weiter:
"Zum Vorwurf, ein Sektenbruder zu sein, sagt Initiativen-Befürworter und EDU-Kantonsrat Hans Peter Häring: «lch schätze Herrn Minelli als Bürger, der eine andere Meinung hat. Wenn er auf diese Art und Weise jemanden diskreditieren will, soll er seine Ansichten behalten.» Das sehr klar Nein überrascht Häring nicht. «Bei einer Parteienstärke von sieben bis acht Prozent konnten wir Stimmbürger über die Parteigrenzen hinaus mobilisieren.»"Dass Herr Häring von der EDU das Ganze gelassen nimmt, spricht für seine Reife. Eine Reife, die auch vielen anderen Leuten immer mal wieder gut zu Gesicht stehen würde, unabhängig davon, ob man nun deren politischen Ansichten unterstützt oder nicht.
"Wenn auch aus einer ganz anderen Perspektive, so schaut Minelli ebenfalls kritisch nach Bern: «Die Ergebnisse aus Zürich sind ein starkes Signal, dass der Bundesrat endlich die rechtlichen Widersprüche bei der Sterbehilfe auflöst.» Viel dringlicher hält er jedoch Massnahmen gegen die grosse Zahl von Suizidversuchen."Dazu bekommt Minelli in den darauf folgenden fünf Abschnitten nochmals Gelegenheit, sich ausführlich zu äussern. Eine bessere Plattform kann man sich wohl kaum wünschen! Das Ganze wird ohne weiteren Kommentar so veröffentlicht.
Die Qualität des Artikels ist erschreckend. Dass die Schreibfehler auch 12 Stunden nach Erstellung des Artikels nicht korrigiert sind, ist das Eine. Dass aber zwei simple, unkritische Interviews ohne weiteren Kommentar als Artikel getarnt veröffentlicht werden und dabei einer Seite gegenüber der anderen ohne Not gut das Doppelte an Platz eingeräumt wird, das sollte in einer Qualitätszeitung meiner Meinung nach nicht vorkommen!
Die Schweizer Printmedien scheinen sich gezielt zu Tode zu sparen. Lange Zeit haben sie dank einem faktischen Informationsmonopol gut gelebt. Diese Situation wurde durch die immer stärkere Konzentration im Markt (kleinere Medienhäuser wurden durch grössere übernommen) noch verstärkt. Die Zeitungen konnten liefern, was sie wollten, man musste das gebotene Produkt kaufen, wenn man informiert bleiben wollte. Und als Konkurrenz aufkam, und sich die Bevölkerung plötzlich dank der Quellen im Internet unabhängig von den grossen Medienhäusern informieren konnte, war man hilflos. Statt jedoch zu versuchen, den Lesern einen Mehrwert gegenüber den kostenlosen Informationen zu bieten, wurden rigorose Sparmassnahmen ergriffen.
Korrektoren scheint es nicht mehr zu geben (Es hat ja eine Rechtschreibeprüfung in Word). Statt eigener Recherchen werden häufig nur noch Agenturmeldungen unverändert abgedruckt (diese kann ich dann im selben Wortlaut in Netz, im 20Minuten, im Tagi und in der NZZ lesen!) Und die wenige verbleibenden Journalisten müssen trotzdem noch jeden Tag eine ganze Zeitung füllen. Kein Wunder, dass da keine Zeit mehr bleibt um gute Artikel zu schreiben!
Schade. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Geschichte der Sterbehilfe nochmals kurz auf zu frischen und damit den Lesern einen echten Service zu bieten.
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